Aggression beim Clickertraining - Fortsetzung

Oft bewirkt auch der Trainerehrgeiz, daß komplexere Übungen trainiert werden, ohne zuvor die Basics ausreichend erarbeitet zu haben. So wird z. B. an Seitengängen oder Spanischem Schritt gebastelt, bevor das Pferd gelernt hat, ruhig neben dem Trainer zu stehen oder gerade nebenher zu gehen. Natürlich sehen diese Übungen beeindruckender aus, und ein erfahrener Trainer mit einem erfahrenen Pferd kann oft auch Einzelheiten aus einem vielfältigen Angebot an Bewegungen rausfiltern. Nichts desto trotz enden solche Versuche leicht in Chaos und Frust.

Eine weitere häufige Problematik ergibt sich, wenn Jungtrainer so darauf konzentriert sind, Fehlverhalten zu ignorieren, daß sie übersehen, wieviel wichtiger und sinnvoller es meistens ist, dieses Verhalten von vorneherein zu verhindern. Dies ist - theoretisch einfach, praktisch allerdings durchaus sehr herausfordernd - durch einen guten Trainingsplan, sinnvolle Teilschritte, gutes Timing und Konzentration auf den Trainee zu erreichen.

Wenn Aggression nun tatsächlich auftritt, hat man meistens mindestens einen der obigen Punkte nicht ausreichend beachtet. Nichts desto trotz geht es nun darum, aus der Situation möglichst heil wieder rauszukommen und eine vertrauensvolle Basis für das weitere Training zu erhalten.

Am Beispiel Beißen: in manchen Reitanlagen besteht die Möglichkeit, mit einem Zaun zwischen dem Pferd und sich zu arbeiten. Wenn dies nicht möglich ist, hilft es alleine schon ungemein, sich so zu positionieren, daß man sich nicht direkt vor dem Pferdegebiß aufhält, sondern seitlich versetzt steht. So kann man Attacken oft wirklich ins Leere laufen lassen und ignorieren.

Einen vorschießenden Kopf kann man mit etwas Routine auch mit einem Unterarm (etwa Mitte Nasenrücken) blocken. Häufig sehe ich allerdings menschliche Abwehrbewegungen, die an eine Mückenjagd erinnern. Dies wirkt – vom Trainer normalerweise unbeabsichtigt - für viele Pferde bestärkend, da es als Aufforderung für ein lustiges Schnappspiel mißverstanden wird.

Sowie Aggression abgeblockt oder ins Leere abgeleitet wurde, ist es sinnvoll zu reflektieren, ob man einfach weiter trainieren soll, oder ob es doch besser ist, seinen Plan zu ändern. Wenn ich die aktuelle Situation als gefährlich empfinde, bin ich auf jeden Fall für den Abbruch des Trainings. Lieber zu einem besseren Zeitpunkt, an einem passenderen Ort, mit einer geeigneteren Übung weiter machen, als einen Unfall zu riskieren.

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